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Sleipnir Tourenvelo - Ein Klassiker für grosse Abenteuer

Erstellt von Patrik Widmer | | Ausgewählte Meisterwerke

Die Ausgangslage

An einem nasskalten Tag im Januar erreicht mich eine Nachricht aus dem fernen Sommer. Da schreibt mir jemand, er möchte in den nächsten Tagen bei mir vorbeischauen. Er komme von etwas weiter her, aus Delhi. Er wünsche sich ein Reiserad von mir, mit welchem er gedenke, den Indischen Kontinent zu umrunden. Ein paar Tage später steht der junge Herr in meinem Atelier, die Arbeit kann beginnen.

Das Projekt

Auf unserer Messmaschine ermittelten wir in einer umfangreichen Ergonomieberatung die optimale Sitzposition. Ein exaktes Bikefitting bildet die Grundlage für die Konstruktion meiner Massrahmen. Ich empfehle die optimale Höhe und Länge des Rahmens. Überdies passe ich auch den Sitzwinkel, die Sattelposition und die Kurbellänge an die Physionomie des späteren Nutzers an. Wie ich später erfahren habe, gab es bereits Daten von einem früheren Bikefittig, angefertigt in einer Sportklinik. Die Daten der beiden Messungen waren absolut identisch, einzig bei der Lenkerhöhe gab es Differenzen. Das neue Velo soll eine etwas aufrechtere Sitzposition ermöglichen, folglich liegt der Lenker etwas höher als beim alten Projekt. Wer jetzt denkt, dass man dies ganz einfach mit einem steileren Vorbau anpassen kann, liegt ziemlich falsch.

Klassisch im Erscheinen, aber nicht von Gestern.

Chrom und silbrig poliertes Aluminium sollen die Optik bestimmen. Eine traditionelle Gabel mit einem gemufften Gabelkopf und Aufnahmen für Cantilever Bremsen. Ein Rahmen mit Innenliegenden Kabelzügen, einem Zentralgetriebe und Zahnriemen waren weitere Wünsche. Dazu eine exklusive Lackierung in Arktis Blau, wie sie vereinzelt bei Rennrad Klassikern der 60er Jahre zu finden ist.

Der Antrieb

Ein leichtes C1.12 Zentralgetriebe von Pinion als Sorglospaket für die grosse Reise, kombiniert mit einem Gates Carbondrive Zahnriemen. Kurbeln von Pinion sind nur in schwarz erhältlich, deshalb wurden diese aufwändig von Hand in meinem Atelier geschliffen und poliert. Zusammen mit den Edelstahl Riemenscheiben erreichen wir so den maximalen Klassik-Look. Als Hinterradnabe setzten wir eine Singlespeed Nabe von Onix ein. Diese verfügt über einen Rollenfreilauf, welcher absolut geräuschlos arbeitet und bei Antritt unmittelbar greift. Daraus resultiert, zusammen mit dem steifen Zahnriemen, ein sehr direkter und reaktionsfreudiger Antrieb. Feine Lamellen aus Stahl verhindern das Einkerben des Aluminium Freilaufkörpers durch die Riemenscheibe.

 

Laufräder

Die Laufräder sind, nebst dem Rahmen, eines der wichtigsten Teile an einem Velo. Deshalb vertraue ich auch hier nur auf die eigene Handwerkskunst und baue alle Räder von Hand auf. Für ein klassisches Velo sind silbrige Felgen unabdingbar, diese fand ich bei Velocity USA. Die Cliff Hanger mit einer Maulweite von 25mm ist robust und hat ein niedriges, abgerundetes Profil. Zusammen mit dem 40mm breiten GravelKing Reifen von Panaracer ergibt sich ein harmonisches gesamt Bild. Die breiteren Reifen können mit einem niedrigeren Luftdruck gefahren werden was gerade auf holprigen Wegen zusätzlichen Fahrkomfort bietet.
Speichen von meinen Nachbarn DTSwiss

Cockpit

Der handgebaute Lenkervorbau wurde poliert und anschliessend verchromt, zusammen mit dem silbernen Nitto Randonneur Lenker ergibt sich ein schönes Retro Cockpit. Das Getriebe wird mit einem Drehgriff von Pilot geschalten, welchen ich für den kleineren Lenkerdurchmesser angepasst habe.

Gepäckträger

Die grosse Lenkertasche von Berthoud Cycles sollte einfach zu demontieren sein und gleichzeitig genügend Raum am Lenker ermöglichen. Damit sie Gepäck mit etwas mehr Gewicht aufnehmen und trotzdem stabil fixiert werden kann, habe ich einen kleinen Gepäckträger aus Edelstahl angefertigt. Auf den üblichen Decaleur haben wir verzichtet und statt dessen eine Halterung konstruiert, mit der sich die Tasche rasch mit dem Gepäckträger verbinden und wieder trennen lässt. Der Lenker bleibt dabei komplett frei von zusätzlichen Befestigungen.

Bremsen

Polierte Cantilever Bremsen von Paul Components lassen sich exakt einstellen und verfügen über eine gut dosierbare Bremskraft. Die wunderschöne Moon Unit verbindet das Querkabel mit dem Bremszug. Die Bremszüge lassen sich mit den Messing Einstellschrauben von Hand nachjustieren. Felgenbremsen erlauben eine filigranere Konstruktion von Rahmen und Gabel. Dadurch wird das Velo insgesamt leichter als bei Konstruktionen für Scheibenbremsen.

Schutzbleche, die Bezeichnung impliziert den Fahrer bei Nässe zu schützen, sind dies leider bei vielen Produkten kaum mehr der Fall. Die polierten Edelstahlbleche sind deshalb deutlich länger und erfüllen ihre Aufgabe zuverlässiger. Ihr Anblick erfreut zudem das Auge des Kenners. Letzterer sitzt bei diesem Meisterwerk auf einem französischen Ledersattel  aus dem Hause Berthoud Cycles, getragen auf einer Titanium Sattelstütze von Thomson.

Der krönende Abschluss für dieses einzigartige Projekt kommt vom Meister Stefan Utz. Sein feiner Lack in Arctic Blue schmiegt sich wie ein Kleid um den Rahmen. Durch die geringe Schichtdicke werden die Details des Rahmens exakt abgebildet.

 

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